Männer, ob Ihr es mir glaubt oder nicht, Ich hatte in der letzten Woche gleich zweimal Pech. Jeweils beim Parken ein kleiner Rempler an fremden Autos. Beim ersten Kfz war es sogar eine Live-Vorführung, da der Besitzer des Fahrzeuges gerade vor einem Wettbüro eine geraucht hatte und den Zusammenprall live gesehen hat (mein Gesicht ist noch heil!) und beim anderen Fall war es eine Freundin meiner Frau, die ich Abends (freundlich wie ich bin) nach Hause fahren wollte. 🙁 Ja, so kann es gehen. In diesem Artikel gebe ich Euch einen Ablaufplan an die Hand, wie Ihr auch ohne Polizei den Schaden abwickeln könnt.
Habt Ihr einen Unfall verursacht oder seid Opfer eines Schadens gilt es erstmal einmal tief durchzuatmen. Wenn direkt klar ist, dass es sich um einen Blechschaden handelt und keinen Personenschaden wird so schon oft der größte Drops gelutscht. Denn wir sind alles Menschen und alle Menschen machen Fehler. Das liegt leider in der Natur. Vor allem, wenn Ihr im Stress seid, solltet Ihr diesen Punkt beherzigen, denn wie so oft im Leben, macht der Ton die Musik. Wenn Ihr gleich lospöbelt, den Unfallbeteiligten beschimpft und angeht, könnt Ihr sicher sein, dass er den letzten Euro aus der Sache herausziehen möchte. Ist man allerdings sofort freundlich, respektvoll und entschuldigt sich für das Malheur, beginnt die Abwicklung auf einem ganz anderen (persönlichem) Level. Das könnte Euch noch in die Karten spielen und reichlich Geld sparen.
Hingegen der einschlägigen Meinung vieler kann man die Polizei zu einem Unfall hinzurufen, wenn man sich unsicher ist, wer nun Schuld am Unfall hat. Aber wenn die Schuldfrage klar ist, kann auch darauf verzichtet werden. Die Versicherer drehen einem daraus kein Strick, wenn man später den Schaden meldet ohne, dass es ein polizeiliches Aktenzeichen gibt. Das ist oft bei kleinen Auffahrunfällen oder eindeutigen Parkremplern der Fall.
Falls Ihr Euch unsicher seid, wer wirklich Schuld hat ruft in diesem Fall immer die Polizei. Das Schlimmste, was Euch passieren kann, wenn Ihr als Unfallverursacher von der Polizei eingeschätzt werdet, ist ein Verwarngeld von 35€. Das ist zumindest der aktuelle Satz im Jahr 2020 in NRW.
Sollte die Schuldfrage jedoch klar sein, kann der Schadenersatzanspruch direkt zwischen den beiden Parteien und der Versicherung des Unfallverursachers abgewickelt werden. Um seine Rechte zu wahren und nicht benachteiligt zu werden, hat der Geschädigte laut der einschlägigen Rechtssprechung die Möglichkeit einen Anwalt aufzusuchen, um sich beraten zu lassen. Bei größeren Schäden ist es ebenfalls möglich einen Gutachter zu beauftragen, der den Schaden besichtigt und bewertet. Das Gutachten wird dann von der Versicherung geprüft und die Reparatur freigegeben. So viel zur Theorie.
Ihr habt als Geschädigter nicht immer Anspruch auf einen Gutachter, denn die Verhältnismäßigkeit muss passen. Wenn ein kleiner Schaden am Ende rund 500€ kostet, macht die Beauftragung eines Gutachters, der ein Honorar von 650€ nimmt keinen Sinn. Das bedeutet für Euch, dass der erste Weg grundsätzlich die Werkstatt sein sollte. Die meisten Schäden lassen sich per Email an den Versicherer mit einem Kostenvoranschlag und Bildern vom Schaden abwickeln.
Der Versicherer hat nun die Möglichkeit den Kfz-Schaden auf Plausibilität und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Nicht selten werden Kostenvoranschläge zwar für ok befunden, aber vorerst doch gekürzt, so dass ein geringerer Betrag bei herumkommt. Warum das wichtig ist, lest Ihr im nächste. Absatz.
Hat der Geschädigte dann die Kostenschätzung für den Vorfall auf dem Tisch liegen, darf er entscheiden, ob er den Schaden am eigenen Auto reparieren lässt (Rechnung muss vorgelegt werden, Betrag wird Brutto von der Versicherung übernommen und ggf. direkt an die Werkstatt gezahlt) oder der Geschädigte kann Netto gemäß dem Kostenvoranschlag abrechnen. Diese Praxis wird oft gewählt, wenn es sich um ein paar hundert Euro Schaden handelt. Die Prüfung des Schadenfalls von der Versicherung ist deshalb wichtig, damit der Unfallgegner keinen zu hohen Kosten abrechnen kann.
Es gibt einige Kostenpositionen, die regelmäßig bei der Prüfung von Kostenvoranschlägen von der Versicherung gestrichen werden. Das sind zum Beispiel die angesetzten Verbringungskosten des Fahrzeugs auf dem Hof der Werkstatt oder die zu hohen Stundenverrechnungssätze des Karosseriebauers, weil es eine andere Werkstatt in der Nähe gibt, die günstiger ist. Erst wenn die Reparatur wirklich gemacht wird dürfen die individuellen Beträge in der Rechnung vermerkt sein und werden erstattet.
Wenn Ihr Geschädigter seid, habt Ihr für die Dauer der Reparatur auch Anspruch auf einen Nutzungsausfall. Auch wenn Ihr vielleicht gar kein Ersatzfahrzeug benötigt gibt es je Fahrzeugklasse entsprechende Sätze, die Ihr von der Versicherung fordern könnt. Bei größeren Beträgen, erledigt das auch Euer Anwalt. Gleiches gilt für die Wertminderung. Unfallfahrzeuge sind minimal schwerer zu Verkaufen. Der daraus resultierende finanzielle Nachteil, soll damit ausgeglichen werden. Als weitere Position können Telefon- und Portokosten geltend gemacht werden, die meist mit 20€ pauschal angesetzt werden. Habt Ihr besondere Anstrengungen im Zusammenhang mit dem Unfall gehabt (Pflege eines Verwandten musste organisiert werden, Kinderbetreuung oder Haustierasyl musste gefunden werden), sind diese Kosten ebenfalls zu belegen und bei der Versicherung einzureichen.
Was sind die Folgen nach einem Schaden?
In erster Linie werdet Ihr bei Eurer Versicherung im nächsten Jahr in den Schadenfreiheitsstufen zurückgestuft. Das kann pro Jahr – je nach Versicherung und SF-Stufe – von 50 bis 200€ Mehrbeitrag bedeuten. Um wieder auf dieselbe Schadenfreiheitsstufe zu gelangen, kann es Jahre dauern. Daher ist es wichtig sich frühzeitig um eine KFZ-Versicherung (z.B. bei Tarifcheck24) zu kümmern und den Schaden korrekt anzugeben. Einige Versicherer bewerten den Schadenfall vielleicht gar nicht so dramatisch, wie Euer aktueller Versicherer und Ihr könnt Beiträge sparen. Daher lohnt der Vergleich immer.
Eine Möglichkeit, eine Rückstufung gänzlich zu vermeiden, ist der s.g. Schadenrückkauf. Dabei zahlt der Verursacher seinem eigenen Versicherer den Umfang des gegnerischen Schadens, damit der Versicherer so tun kann, als wäre nie etwas passiert.
Zu dem Betrag zählen lediglich die Schadenersatzforderungen. Anwalts- oder Gutachterkosten sind Schadennebenkosten und kommen nicht in die Wertung. Dieser Euro-Betrag bis zu dem es sich lohnt, einen Schaden zurückzukaufen, kann bei Eurem Kfz-Versicherer jederzeit (auch ohne akuten Fall) erfragt werden. Falls es sich überhaupt für Euch rechnet, kommt der Versicherer auch automatisch nach der Regulierung auf Euch zu, denn der Versicherer möchte ja auch gern, dass Ihr eine möglichst weiße Weste habt.
Daher könnt ihr auch kleinere Schäden erstmal gefahrenlos über die Versicherung laufen lassen und später den Betrag zurückzahlen. Das hat den Vorteil, dass Ihr automatisch den Schadenfall geprüft bekommt. Die Versicherer verfügen über Gutachter (meist externe), die sich die Rechnung und Schadenfälle anschauen und bewerten. Versucht ein Geschädigter zu hoch abzurechnen, darf der Versicherer die Rechnung entsprechend kürzen. Falls es Sinn macht, den Schaden im Anschluss selbst zu tragen, könnt ihr durch diesen Schritt auch einige hundert Euro gewinnen.
Bagatelleschäden direkt vor Ort regeln
Es gibt Unfälle, die von den Beteiligten direkt vor Ort mit Bargeld geregelt werden. Die Versicherer verbieten diese Praxis jedoch ausdrücklich und schreiben in Ihre Bedingungen, dass Ihnen jeder auch noch so kleine Schaden, unverzüglich gemeldet werden muss.
Im Paragrafen 823 BGB (der Klassiker im Schuldrecht) steht sinngemäß geschrieben, dass der Verursacher den Zustand (zum Zeitwert!!!) wiederherstellen muss. Wenn es zum Beispiel um eine Stoßstange geht, die (vermutlich) bereits vor dem Parkrempler Dellen und Macken hatte, ist das immer schwer zu beweisen.
Läuft dieser Fall über die Versicherung, wird höchstwahrscheinlich ein Gutachter hinzugezogen oder der Geschädigte holt einen Kostenvoranschlag ein, um die ganze Stoßstange lackieren zu lassen. Das ist sehr ärgerlich, denn zum einen hat man ja nicht die gesamte Stoßstange beschädigt und zum anderen könnte der Geschädigte ja auch mit Smart Repair die entsprechenden Stellen ausbessern, um den Zustand wie vorher wieder herzustellen. Diese Auswahl hat man aber in den seltensten Fällen, da der Geschädigte sagt, wie er den Schaden gern reparieren lassen möchte und die Werkstatt wird sagen, dass wegen den Farbabweichungen die gesamte Stoßstange lackiert werden muss. Kosten je nach Fabrikat mindestens 700-1.500€.
Nun handhaben einige Rüpel im Straßenverkehr es so, dass Sie den Schaden direkt am Unfallort mit Bargeld ausgleichen wollen. Ich kenne auch einen Rechtsanwalt, der einem Geschädigten direkt nach dem Rempler 100€ gezahlt hat, um den Schadenersatz sofort vor Ort zu regeln. Ich persönlich habe es in einem der genannten Fälle in der letzten Woche genauso gehandhabt. Aber empfehlen kann ich‘s nicht. Der Geschädigte könnte immer noch eine Schadenmeldung (anhand eures Kennzeichens und den Zentralruf der Autoversicherer, Nr. +49 800 2502600) machen und doppelt abrechnen. Wenn Ihr so etwas macht, probiert vom Geschädigten eine Vereinbarung unterschrieben zu bekommen, in der er bestätigt, dass alle Schadenersatzansprüche durch die Bargeldzahlung abgegolten sind. Nehmt Euch für die Geld-Übergabe Zeugen mit, die den Ausgleich in Bar bestätigen können.
Ich hoffe, diese kleine Anleitung hilft Euch den ärgerlichen Rempler schnell vom Tisch zu bekommen und möglichst für Euch finanziell neutral zu halten. Welche Erfahrungen habt Ihr mit Parkremplern oder kleinen Auffahrunfällen? Ich freue mich über Eure Kommentare und Emails. Bis Bald & bleibt gesund!